Sonntag, 12. August 2018

In 15 Monaten ein Wohnmobil vor Einbruch schützen

Ist das eine blöde Überschrift? Eigentlich ja, aber…! Aber die Geschichte hat eine kleine Vorgeschichte.

Vor ein paar Jahren wurde während unserer Abwesenheit in unser Haus in einem gut bürgerlichem Wohnviertel eingebrochen. Den materiellen Schaden bekamen wir einigermaßen ersetzt, der psychische blieb unser Problem. Nach einer Beratung durch die Polizei verstärkten wir Fenster und Türen und installierten eine Alarmanlage.

Drei Jahre später wurde während unserer Anwesenheit – wir schliefen - in unser Wohnmobil auf einem offiziellen Stellplatz eingebrochen. Davon bekamen wir gar nichts mit. Erst am Morgen stellten wir den Schaden fest. Auch diesmal wurde der finanzielle Schaden weitgehend ersetzt, psychisch wird man dann schon etwas sensibel, um nicht zu sagen schizophren.

Nun zur näheren Gegenwart: Wir kauften vor etwa 15 Monaten ein neues Wohnmobil. Wegen der oben gemachten Erfahrungen wollten wir unser Wohnmobil bestmöglich (und erschwinglich) gegen Einbruch schützen. Deshalb planten wir zwei Komponenten ein: Zum einen zusätzliche mechanische Sicherungen an den Zugängen, die einen Einbruch erschweren sollten. Zum anderen Sensoren, die bei einer Überwindung der mechanischen Sicherungen einen Alarm auslösen sollten. Natürlich waren wir uns bewusst, dass jede mechanische Sicherung je nach Können (Lockpicking) oder Nichtkönnens (brutale Gewalt) ihre überwindbaren Grenzen hat. Genauso haben wir auch schon öfters beobachtet, wie ein noch so lauter Alarm unsere Mitmenschen nur sehr peripher tangiert, oder um es deutlicher auszudrücken, nicht die Bohne interessiert. Nichtsdestotrotz wollten wir wenigstens nicht kampflos klein bei geben.

Wir entschieden uns bei der mechanischen Komponente für die Systeme von Heosolution. Hier hatten wir schon einmal etwas ausprobiert und hielten diese Systeme für unsere Zwecke für geeignet. Bei dem Sensorsystem wollen wir keine Namen nennen, um es eventuellen Einbruchsenthusiasten nicht zu leicht zu machen, denn auch diese Mitmenschen sind zumindest zum Teil des Lesens mächtig.

Nun suchten wir Spezialisten, die uns diese Systeme einbauen sollten. Auf den Internetseiten der Systemanbieter fanden sich hin und wieder auch empfohlene Partnerfirmen. Diese Hinweise waren leider nur suboptimal. Die häufigsten Rückschläge: „Davon wissen wir nichts.“ „Wir haben keine Termine frei.“ „Fragen Sie in sechs Wochen noch einmal nach.“ „Einen Kostenvoranschlag können wir Ihnen nicht erstellen.“ „Wir rechnen nur nach Aufwand ab.“ Letzterer war fast grundsätzlich um einiges höher als die Komponenten selbst wert waren.

Schließlich fanden wir tatsächlich einen Spezialisten in einiger Entfernung von unserem Wohnort, der zwar nicht die von uns gewünschte, aber eine andere Alarmanlage mit ähnlichen Fähigkeiten zu einem Festpreis einbauen wollte. Das klappte zum Glück auch hervorragend, auch wenn es etwas länger als geplant dauerte und Achim als Handlanger ein paar Stunden aushelfen musste.

Mit den mechanischen Komponenten kamen wir aber so nicht weiter. Daher warteten wir schönes Wetter ab, denn eine Halle haben wir nicht. Dann überwanden wir unsere Skrupel und bohrten und frästen diverse Löcher in unser schönes (noch ziemlich neues) Wohnmobil und verbauten die Komponenten bis auf eine selber. Dafür brauchten wir mehrere Anläufe (wegen Wetter und wegen fehlender Teile wie passende Bohrer etc.).

Nur an eine Komponente trauten wir uns nicht so recht ran: Die Zusatzsicherung der Eingangstür. Hier hat Hymer schon ein recht massiv wirkendes Teil verbaut. Die Tür ist größer und massiger als eine Klappe, hat innen eine Plastikabdeckung und ein angenehm dicht schließendes Fliegengitter. Da die Tür dicker ist - oder zumindest erscheint, weiß man vorher nicht genau, ob das Zusatzschloss überhaupt dafür geeignet ist. Man müsste die Plastikverkleidung abnehmen können. Dann könnte man zumindest mal schätzen. Die kriegt man aber zumindest als Laie nicht ab, ohne sie kaputt zu machen. Zudem schließt das Fliegengitter, das in einem Plastikrahmen steckt, so dicht, dass der Riegel des Zusatzschlosses nicht so einfach greifen kann. Wir waren ziemlich ratlos. Nun gingen wir wieder auf Spezialistensuche, diesmal ganz gezielt zur Montage dieses einen Zusatzschlosses. Die Antworten von oben könnten wir jetzt noch einmal anfügen. Die brauchbarsten Antworten waren: „Das dauert zwei bis drei Stunden, könnte aber Murks werden.“ „In zwei Monaten hätte ich vielleicht einen Termin frei. Rechnen Sie mal mit fünf Stunden Arbeitszeit.“

Jetzt dehnten wir unsere Suche nach Alternativen aus. Es gibt ja noch andere Anbieter. Aber auch hier scheiterten wir entweder an den Einbauvoraussetzungen (Maße passten nicht.) oder daran, dass viele Zusatzschlösser nur von außen oder innen, aber nicht von beiden Seiten zu schließen sind. Letzteres wollten wir aber unbedingt. Die Zeit floss dahin.

Jetzt zur allernächsten Gegenwart: Auf einem Stellplatz an der Ostsee döst Achim so vor sich hin, genießt ein leckeres Eis, als sein Blick auf einen fast baugleichen Hymer fällt, dessen Eingangstür einen zusätzlichen „Knubbel“ aufweist. Große Besichtigung und Erklärung des Eigentümers. Dieser hat es doch tatsächlich selbst geschafft, dieses Zusatzschloss einzubauen.

Jetzt sind wir nicht mehr zu bremsen. Das heißt, ein bisschen doch noch. Wir brauchen natürlich noch ein paar Dinge aus dem Baumarkt und passendes Wetter (keine Halle, siehe oben). Apropos Wetter: Das ist jetzt so gut, dass es auch wieder zu gut ist. Wir können nur morgens und abends ein bisschen am Wohnmobil arbeiten, weil es sonst zu heiß ist. Für uns bedeutet das: Bei jedem Arbeitsein- bzw. -ansatz Werkzeug bereitlegen, Stromstrippe für Bohrmaschine, Staubsauger und schnelldrehendes Multifunktionswerkzeug (also ein kleines Schneid-, Schleif- und Trenngerät ähnlich dem von Dr Emel osä.) vom Haus zum Wohnmobil ziehen, arbeiten und alles wieder aufräumen.

Der folgende Teil ist allerdings nur etwas für technisch interessierte Menschen. Selbige mögen aber bitte unsere handwerklichen Fähigkeiten äußerst wohlwollend oder besser gar nicht zur Kenntnis nehmen.

Die meiste Zeit geht durch Messen, Schätzen, Zeichnen und Schablonen schneiden drauf. Dann ist die erste wirkliche Zerstörung an der Plastikverkleidung der Tür vollbracht. Zum Glück stellen wir fest, dass an der von uns gewählten Stelle hinter der Plastikverkleidung ein Hohlraum ist und wir sonst nichts zerstört haben. Schwein gehabt! Nun müssen wir die Zerstörung so rechteckig fortsetzen, dass das Innenteil des Zusatzschlosses hinein passt. Vorsichtig wie wir sind schneiden wir etwas zu knapp ab. Wir müssen nachfeilen. Aber womit? Mit den Feilen aus unserer Werkzeugkiste kommen wir nicht gut ran. Die Dinger sind einfach zu groß. Die besten Ergebnisse erzielen wir mit einem ledernen Mann, besser bekannt als Leatherman. Nun passt das Innenteil rein.

Jetzt müssen wir dem Rahmen des Fliegengitters beibringen, den Riegel durchzulassen, denn der muss an der soliden Einfassung der Tür greifen, sonst lacht selbst der schwächste Einbrecher. Mit Hilfe des kleinen Schleifgerätes und der Nachbearbeitung mittels Bohrschleifaufsatz kriegen wir auch das gelöst.

Da soll der Riegel greifen.
Nun müssen wir fünf Löcher in die Tür bohren, um das Außenteil aufsetzen und den Schließmechanismus bedienen zu können. Eigentlich ganz einfach: Ein Teil des Innenteils dient als Schablone. Aber jetzt wird es heikel. Dieses Teil droht hinter der Plastikabdeckung verlustig zu gehen. Das würden wir nie im Leben wieder heraus bekommen. Ausweg: Schnürsenkel als Sicherungsseil und ganz viel Gewebeband zum fixieren. Dann folgt die Zerstörung der Eingangstür mit fünf Löchern. Es bleibt für immer ein Rätsel, wie man den Bohrer gerade hält. Das Lochmuster schaut von innen gut aus, von außen dann nicht so. Trotzdem murksen wir es passend. Murksen vor allem auch deswegen, weil wir zwar die passenden Bohrer für die Halterungen, aber nicht für den Schließmechanismus haben. Hierfür hätten wir einen 20 mm Bohraufsatz gebraucht. Wer hat den schon? Zwar wollten wir uns mit Forstnerbohrern behelfen. Funktioniert aber nicht, wenn man schon ein Loch durchgebohrt hat. Also wieder feilen und fräsen bis es passt. Gut, dass wir uns vorsichtshalber ein paar Schrauben besorgt hatten, denn nun passen die originalen nicht mehr. Sie sind zu kurz.

Dann bauen wir alles zusammen wie es sein soll.
Innen- und Außenansicht
Der ultimative Test steht bevor. Die Nerven, soweit nicht schon im Vorfeld gerissen, sind bis aufs äußerste gespannt. Achim geht todesmutig ins Wohnmobil. Karin wird nach draußen verbannt. Falls etwas schief geht, kann sie wenigstens für Achims Verpflegung sorgen. Es reicht, wenn einer die ewige Einkerkerung riskiert. Die Tür wird geschlossen. Achim dreht den Riegel zu. Er greift und hält, was er verspricht. Achim dreht den Riegel wieder auf. Achim ist vorerst wieder frei. Nun steckt Karin den Schlüssel von außen ins Schloss und schließt zu. Gleiches Ergebnis. Sie schließt wieder auf. Achim ist frei. Das letzte Zusatzschloss ist eingebaut und funktionert. Die Anspannung fällt ab.

15 Monate sind vergangen.

Hier noch ein paar bebilderte Erläuterungen zum Einbau des Zusatzschlosses:

1) Messen ist das A und O und zwar mehrdimensional. Wo soll das Teil hin? Höher, tiefer, mehr links, mehr rechts? Funktioniert dann auch noch die Tür und das Fliegengitter? Passt die Länge der Schrauben? Hier darf man nicht nur den Zollstock (= 2,54 cm Stock), sondern auch einen Messschieber einplanen.

2) Bohrer diverser Größen, auch große und ganz große. Man bedenke das Mischmaterial eines Wohnmobils von Holz über Plastik bis zu Aluminium oder Stahl.

3) Ein Forstnerbohrer täte es vielleicht auch, wenn nicht vorher ein Loch gebohrt wird.

4) Feilen und fräsen wird eine der Hauptbeschäftigungen sein.

5) Schrauben sollten in verschiedenen Längen zur Verfügung stehen, da die Dicke der Tür ohne Plastikverkleidung kaum genau voraussehbar ist.

6) Kleine Trennscheiben sind schon ganz praktisch, um überhaupt mal eine Art von Rechteck in die Plastikverkleidung zu schneiden.

7) Schnürsenkel oder ähnliches helfen Teile des Schlosses fest zu halten, so dass es nicht hinter der Plastikverkleidung auf Nimmerwiedersehen verschwindet.

8) Tape (auf deutsch: Gewebeband) hilft Teile des Schlosses zusammen (nicht zu verwechseln mit „fest“) zu halten.

9) Jede Menge Ersatznervenstränge.