Sonntag, 19. Juni 2016

New Ross - Cashel 135 km


In Irland soll es sehr viel regnen. Diese Weisheit trifft jedenfalls auf den heutigen Tag zu. Was kann man da tun? Wir wollten eigentlich in das John F. Kennedy-Center fahren. Aber da wir dort auch viel Zeit in der freien Natur verbringen würden, verschieben wir den Besuch kurzerhand auf ein anderes Mal und fahren weiter bis nach New Ross, wo wir den 3-Mast-Segler Dunbrody besichtigen wollen. Wir finden eine nette Führerin, die sich mit uns sehr viel Mühe gibt. Sie erklärt in einfachen Sätzen und lässt Karin und Achim Zeit, das Gesagte für Anja und Erwin auf Deutsch zu übersetzen. Das funktioniert ganz gut. Wir erfahren, dass mit einem solchen Segler im vorletzten Jahrhundert jeweils bis zu 200 Passagiere bei einer Fahrt – meist über Kanada – nach Amerika gebracht wurden. Abgesehen von einem halben Dutzend "Erste-Klasse-Passagieren" musste das Gros der Passagiere unter erbärmlichen Umständen auf engstem Raum im Zwischendeck für einige Wochen ausharren. In den kleinen Fächern mussten sich vier bis fünf Personen den Platz teilen.
Nur für eine Stunde pro Tag durften sie an Deck. Dort konnten sie theoretisch ihre Mahlzeiten erwärmen, wenn denn zwei kleine Feuerstellen dafür ausreichten. Fleisch gab es aber sowieso keines. Wen wundert es, dass in der Regel einige Passagiere "auf der Strecke" blieben. Andere wurden so krank, dass sie zwar den amerikanischen Kontinent erreichten, aber noch während ihres Quarantäneaufenthaltes starben. Wir hören betroffen zu und besichtigen anschließend das eigentlich recht kleine Schiff. Irgendwie drängt sich uns der Vergleich zu den derzeitigen Bootsflüchtlingen auf, die ihr Glück und ihre letzte Hoffnung von Afrika aus übers Mittelmeer in Europa suchen bzw. dabei ihr Leben elendig aufs Spiel setzen. Nach diesen Eindrücken informieren wir uns in einer Ausstellung und bei einem kleinen Film/Diaschau mit deutschen Untertiteln. Dabei werden unsere Eindrücke mit weiteren Fakten untermauert. Das bedrückende Gefühl jedoch bleibt. Aber man darf dabei natürlich nicht vergessen, dass auch einige ihr Glück in der neuen Welt gefunden haben.

Uns treibt es weiter. Wir fahren bis Cashel, wo wir erst den falschen Parkplatz ansteuern, aber dann doch den richtigen finden und wieder mit Anja und Erwin zusammen treffen. Wir haben uns nämlich darauf verständigt, die Ziele unabhängig von einander anzusteuern, weil dann jeder so fahren kann wie er will, was bei dem immer noch etwas ungewohnten Linksverkehr bestimmt ratsamer ist. Aber es klappt auch immer besser. Zudem scheinen die meisten Iren recht freundlich und nachsichtig zu sein. Wenn wir ihnen z. B. die Möglichkeit zum Überholen geben, bedanken sie sich sehr oft durch kurzes Einschalten der Warnblinkanlage.