In Irland
soll es sehr viel regnen. Diese Weisheit trifft jedenfalls auf den
heutigen Tag zu. Was kann man da tun? Wir wollten eigentlich in das
John F. Kennedy-Center fahren. Aber da wir dort auch viel Zeit in der
freien Natur verbringen würden, verschieben wir den Besuch
kurzerhand auf ein anderes Mal und fahren weiter bis nach New Ross,
wo wir den 3-Mast-Segler Dunbrody besichtigen wollen. Wir finden eine
nette Führerin, die sich mit uns sehr viel Mühe gibt. Sie erklärt
in einfachen Sätzen und lässt Karin und Achim Zeit, das Gesagte für
Anja und Erwin auf Deutsch zu übersetzen. Das funktioniert ganz gut.
Wir erfahren, dass mit einem solchen Segler im vorletzten Jahrhundert
jeweils bis zu 200 Passagiere bei einer Fahrt – meist über Kanada
– nach Amerika gebracht wurden. Abgesehen von einem halben Dutzend
"Erste-Klasse-Passagieren" musste das Gros der Passagiere
unter erbärmlichen Umständen auf engstem Raum im Zwischendeck für
einige Wochen ausharren. In den kleinen Fächern mussten sich vier
bis fünf Personen den Platz teilen.
Nur für eine
Stunde pro Tag durften sie an Deck. Dort konnten sie theoretisch ihre
Mahlzeiten erwärmen, wenn denn zwei kleine Feuerstellen dafür
ausreichten. Fleisch gab es aber sowieso keines. Wen wundert es, dass
in der Regel einige Passagiere "auf der Strecke" blieben.
Andere wurden so krank, dass sie zwar den amerikanischen Kontinent
erreichten, aber noch während ihres Quarantäneaufenthaltes starben.
Wir hören betroffen zu und besichtigen anschließend das eigentlich
recht kleine Schiff. Irgendwie drängt sich uns der Vergleich zu den
derzeitigen Bootsflüchtlingen auf, die ihr Glück und ihre letzte
Hoffnung von Afrika aus übers Mittelmeer in Europa suchen bzw. dabei
ihr Leben elendig aufs Spiel setzen. Nach diesen Eindrücken
informieren wir uns in einer Ausstellung und bei einem kleinen
Film/Diaschau mit deutschen Untertiteln. Dabei werden unsere
Eindrücke mit weiteren Fakten untermauert. Das bedrückende Gefühl
jedoch bleibt. Aber man darf dabei natürlich nicht vergessen, dass
auch einige ihr Glück in der neuen Welt gefunden haben.
Uns treibt
es weiter. Wir fahren bis Cashel, wo wir erst den falschen Parkplatz
ansteuern, aber dann doch den richtigen finden und wieder mit Anja
und Erwin zusammen treffen. Wir haben uns nämlich darauf
verständigt, die Ziele unabhängig von einander anzusteuern, weil
dann jeder so fahren kann wie er will, was bei dem immer noch etwas
ungewohnten Linksverkehr bestimmt ratsamer ist. Aber es klappt auch
immer besser. Zudem scheinen die meisten Iren recht freundlich und
nachsichtig zu sein. Wenn wir ihnen z. B. die Möglichkeit zum
Überholen geben, bedanken sie sich sehr oft durch kurzes Einschalten
der Warnblinkanlage.

