Wir haben uns ein neues Wohnmobil gekauft. Die Basis ist ein Fiat Ducato, die am häufigsten verwendete Basis. Um keine Missverständnisse aufkommen zu lassen: Ich bin mit der Basis äußerst zufrieden. Ich könnte richtig ins Schwärmen geraten. Aber ich will hier über meine ersten Eindrücke schreiben. Wer mich kennt, weiß, dass jetzt einiges an Frotzelei und Sarkasmus folgt. Das ist beabsichtigt. Schließlich ist das kein Blog für gesicherte Lebensweisheiten, sondern zur gefälligen Unterhaltung.
Als erstes bekommen wir vom Verkäufer eine ausführliche Einweisung in das gesamte Fahrzeug. Der Schwerpunkt liegt allerdings beim Aufbau, was bei einem Wohnmobil auch durchaus logisch und sinnvoll erscheint. Dass es dann hinterher doch noch sehr viele Fragen gibt, merken wir – um das Wort zu wiederholen – hinterher.
Die Einweisung schließt mit einer schriftlichen Bestätigung über die Einweisung und der Übergabe der Dokumentation für das Fahrzeug ab – gefühlte 10 Kilo. Die Hälfte des Gewichtes betrifft das Basisfahrzeug. Früher lag die Dokumentation im Handschuhfach, jetzt befindet sie sich aus Platzgründen in der Heckgarage.
Ich nehme mir die Bedienungsanleitung für den Ducato vor – ein knappes Kilo in Deutsch – immerhin. Vom Seitenumfang her sind es über 370 Seiten. Genau habe ich das nicht überprüft, weil es am Anfang und am Ende ein paar nicht nummerierte Seiten gibt. Ansonsten fängt die Nummerierung bei „4“ an und hört bei „370“ auf. Gleich die nicht nummerierte Seite 1 jagt mir einen gehörigen Schrecken ein. Ich soll mir die gesamte Anleitung vor der ersten Fahrt sorgfältig durchlesen. Was mache ich, wenn der Händler heute Abend die Tore schließt? Vielleicht schaffe ich das Werk dann bis zum nächsten Morgen.
Weiter lese ich, dass diese Bedienungsanleitung für alle Fiat Ducato-Versionen gilt und ich mir die für mein Modell passenden Angaben herauspicken soll. Schon besser. Aber welche Version habe ich eigentlich? Dafür finde ich erst einmal keine Angabe. Macht auch nichts, weil ich dann lese, dass Fiat sich jederzeit Änderungen vorbehält, die ich im Fiat-Kundendienstnetz in Erfahrung bringen kann.
Dann stellt mich die nächste Seite, also Seite 2, vor Probleme, die ich vorher gar nicht kannte. Bisher hatte ich ein Fahrzeug immer gestartet, indem ich den Zündschlüssel gedreht hatte. Jetzt muss ich selbigen in Stellung „MAR“ bringen, warten bis zwei bebilderte Kontrollleuchten nicht mehr leuchten und nun den Zündschlüssel auf „AVV“ drehen. Falls jetzt der Motor anspringt, kann ich den Zündschlüssel wieder loslassen. Ein Glück, dass der Motor anspringt, denn es ist nicht beschrieben, wie lange ich sonst den Zündschlüssel festhalten müsste. Außerdem ist das Ablesen der Stellungen „MAR“ und „AVV“ auch rein körperlich sehr beschwerlich. Ich muss meinen Kopf irgendwie in Verbindung mit dem Schaltknüppel bringen, denn nur aus diesem Winkel ist ein Ablesen möglich.
Apropos Schlüssel. Ein paar Seiten später (Seite 13) – nicht vorher! - werde ich darauf aufmerksam gemacht, dass ich beim Öffnen des Schlüssels, also so eine Art Klappschlüssel, selbigen nicht zu nahe an die Augen halten soll. Da wäre ich nie drauf gekommen.
Jetzt wird es aber auch gleich kompliziert. Ich lese den Klammersatz „für Versionen/Märkte, wo vorgesehen“ zum ersten, aber bei weitem nicht zum letzten Mal. Nur wird nirgends erklärt bzw. ich finde es nirgends, welche Version ich habe, bzw. welche Version gemeint ist. Mit den Märkten genau das Gleiche. Klar, hier ist nicht der Wochenmarkt in unserem Ort gemeint, aber ist der betreffende Markt, Deutschland, die Europäische Union oder sonstwas? Es bleibt mir ein Rätsel.
Also hilft nur das Ausprobieren. Der folgende Punkt: die Alarmanlage. Wenn sie ausgelöst wird, dann für ca. 26 Sekunden. D. h. es könnten auch 25,5 oder 26,4 Sekunden sein; aber nicht 25,4 oder 26,5 Sekunden. Ob dieses Wissen schlauer macht? Vor allem, wenn man gleich liest, das der Alarm je nach Bestimmungsland auslöst. Frage meinerseits: Löst der Alarm dann in Deutschland aus, in Spanien aber nicht?
Auf Seite 16 wird der Käuferkreis auf ein elitäres Maß eingeschränkt. Die Sitzeinstellung funktioniert nur bei Körpergewichten zwischen 40 und 130 kg. Sehr große und sehr kleine Menschen hatten immer schon Probleme bei der Sitzeinstellung. Jetzt betrifft das also auch Hungerhaken und Schwergewichtler.
Nun gibt es den Ducato auch mit Zusatzheizung. Früher nannte man das Standheizung. Wird also wohl etwas Ähnliches sein, wenn nicht sogar das Gleiche. Um auf Nummer Sicher zu gehen, weist Fiat mich auf Seite 47 darauf hin, dass ich diese Heizung nicht in geschlossenen Räumen betreiben soll; zwar nur als Fußnote, dafür aber gleich zweimal hintereinander, eigentlich untereinander. Doppelt hält besser.
Ab Seite 49 habe ich mich intensiv mit der wirklich äußerst komplizierten Funktion des automatischen Fernlichts befasst, um anhand eines kleinen Bildchens auf Seite 51 zu erfahren: „Ich habe gar kein automatisches Fernlicht!“ Gott sei es gedankt.
Nun wird es akademisch. Bei der weiteren Befassung mit den Scheinwerfern lese ich auf Seite 79, dass mein Ducato für Deutschland und damit für den Rechtsverkehr zugelassen und ausgerichtet ist. Sollte ich auf die Idee kommen, etwa in Richtung Linksverkehr zu fahren, muss ich eine „studierte Klebefolie“ anbringen, die beim Fiat-Kundendienstnetz erhältlich ist. Jetzt zählen also Autowerkstätten auch schon zu Universitäten.
Auf Seite 113 erfahre ich mehr über den Begriff „voll“. Ich zitiere vorsichtshalber: „Um zu vermeiden, dass Kraftstoff wird und die maximale Füllmenge überschritten wird, das Nachfüllen nach der Befüllung des Tanks vermeiden.“ Zitat Ende. Ich betone hier nochmals ausdrücklich. Dieses Zitat ist aus der deutschen Betriebsanleitung.
Wie jeden verantwortungsvollen Autofahrer interessieren mich die korrekten Reifenfülldrucke. Diese findet man in der Betriebsanleitung auf Seite 281 sehr ausführlich und für alle Eventualitäten beschrieben. Je nach Reifengröße und sonstigen Kriterien schwankt der richtige Druck zwischen 4,0 und 6 Bar. Aber da muss ich mich nicht wirklich durchbeißen. Die komplette Seite ist mit einem blauen Stempel „Ungültig“ ungültig gemacht. Welche Drücke (oder heißt es Drucke) nun gelten, bleibt diese Bedienungsanleitung schuldig. Kleiner Exkurs: Die Bedienungsanleitung des Aufbauherstellers gibt hierzu unmissverständlich Auskunft. Sie behauptet, dass nur die dort angegebenen Drücke zu verwenden sind. Als ich das gemacht habe, haben die Reifenluftdrucksensoren Alarm geschlagen.
Soweit zur Fiat Ducato-Bedienungsanleitung – fürs Erste. Es gibt noch
eine Fiat Ducato Garantie- und Service-Anleitung, ca. 250 Seiten in mehreren Sprachen
ein Fiat Ducato-Kundendienstverzeichnis, ca. 70 Seiten
ein Fiat-Ducato-Wartungsintervallverzeichnis, ca. 20 Seiten in mehreren Sprachen
ein Fiat-Ducato-Sicherungsverzeichnis, ca. 30 Seiten in mehreren Sprachen
ein Fiat-Ducato-Ergänzungsheft, ca. 60 Seiten, welches Neuerungen zu allem aufweist. Eigentlich sind es zwei Ergänzungsheftchen, eines neuer als das andere.

















